Steckbrief:

- Name: Emanuel Loch
- Alter: 46
- Wohnort: ein kleines Dorf zwischen Rostock und Bad Doberan
- Ausbildung: Abitur 1997 im Ostseebad Kühlungsborn, Studium Erziehungswissenschaft Uni Rostock mit Abschluss Dipl. Pädagoge
- Werdegang: 1. Studium Diplombiologie Uni Bayreuth, 2. Studium Erziehungswissenschaft Uni Rostock, Nachtdienst, Betreuer, Teamleitung und später Einrichtungsleitung von 4 Therapeutischen Kinder- und Jugendwohngemeinschaften, 2022 Wechsel nach 12 Jahren Kinder- und Jugendpsychiatrie in den Bereich Kindertagesstätten zur Schulstiftung der Nordkirche
Gespräch mit Emanuel Loch, Hortleiter an der Christlichen Münsterschule in Bad Doberan
Stell dich doch kurz einmal vor.
Ich bin 46 Jahre alt und wohne in einem kleinen Dorf zwischen Rostock und Bad Doberan. Von dort fahre ich täglich etwa 25 Minuten mit dem E-Bike zur Arbeit, dank des E-Bike ist die Motivation im Januar mit dem Fahrrad zu fahren auch noch da, sonst würde es mir deutlich schwerer fallen.
Wie bist du in den Beruf eingestiegen?
Ich habe an der Universität Rostock Erziehungswissenschaften studiert und bin Diplom-Pädagoge. Zwölf Jahre lang war ich in der Kinder- und Jugendpsychiatrie tätig – zunächst im Nachtdienst, später als Einrichtungsleiter von vier therapeutischen Wohngruppen mit 31 Jugendlichen und 30 Mitarbeitenden. Eine sehr intensive Zeit.
Und dann sind bist du im Oktober 2022 an den Hort gewechselt, das klingt nach einem kompletten Umbruch?
Auf den ersten Blick ja, aber inhaltlich gibt es erstaunlich viele Überschneidungen. In der Jugendhilfe war die Verselbständigung der Jugendlichen das zentrale Ziel, ihnen auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu helfen. Genau das finde ich auch im Hort wieder, nur eben früher: Kinder kommen behütet aus der Kita in die Schule, das ist ein großer Übergang. Wir begleiten sie vier Jahre lang dabei, selbstständiger zu werden – Verantwortung zu übernehmen, sich auszuprobieren, eigene Entscheidungen zu treffen. Das ist eine Aufgabe, die mich nach wie vor begeistert.
Und die Stelle als Hortleitung in Bad Doberan, war für mich perfekt mit dem Fahrrad zu erreichen, was auch ein Anreiz war.
Wie viele Kinder betreut ihr derzeit?
Aktuell besuchen 138 Kinder unseren Hort. Wir sind ein Team von sechs Erzieher:innen – plus mir. Eine Erzieher:innenstelle ist zurzeit noch ausgeschrieben.
Was sind für dich die besonderen Momente in der Arbeit mit Kindern?
Eigentlich ist jeder Tag besonders. Kinder geben ungefiltert Rückmeldung. Wenn ich mir wirklich Zeit für sie nehmen kann, mich zu ihnen setze, ein Spiel spiele oder einfach mit ihnen aufs Fußballfeld gehe – dann kommt sofort eine ehrliche, direkte Resonanz. Sie merken, wenn man mit der ganzen Aufmerksamkeit bei ihnen ist, und sie sind unglaublich dankbar dafür.
Gibt es besondere Projekte oder Aktivitäten im Hort?
Ja, jede Woche bieten wir bis zu 16 verschiedene Aktivitäten an – von externen Angeboten bis zu Gruppenstunden durch das Team. Außerdem haben wir eine Teepause eingeführt – mit frischen Bio-Lebensmitteln, die wir selbst einkaufen. Donnerstags backen wir Brot, freitags Kuchen. Das ist nicht nur gesund, sondern macht auch einfach Spaß.
Du würdest gern eine Fußball-AG anbieten. Gibt es dazu vielleicht eine persönliche Geschichte?
Ich habe selbst zwölf Jahre aktiv Fußball gespielt, in Kühlungsborn. Damals sind wir sogar bis in die Kreisliga aufgestiegen und haben gegen Hansa Rostock gespielt – da haben wir zwar 11:1 verloren, aber es war ein Erlebnis! Im Hort würde ich sehr gerne eine Fußball-AG anbieten. Die Kinder wünschen sich das, und ich sehe, wie viel Potenzial darin steckt: Teamgeist, Bewegung, Respekt, Spielregeln – alles Dinge, die man über Fußball ganz leicht vermitteln kann. Leider ist unser Personalschlüssel momentan noch zu eng, aber das steht definitiv auf meiner Liste.
Neben Sport und Spiel gibt es auch ein klares pädagogisches Konzept. Wie lebt ihr das evangelische Profil im Hort?
Wir gestalten viele christliche Feste gemeinsam mit der Schule wie beispielsweise Adventsandachten, Gottesdienste, Projektwochen. Aber wir setzen auch eigene Akzente im Hort. Letztes Jahr haben wir zum Beispiel erstmals den Ewigkeitssonntag (Totensonntag) aufgegriffen und kindgerecht gestaltet. Für Pfingsten haben wir uns diesmal etwas Besonderes überlegt: Das Fest steht für Erneuerung – also werden wir mit den Kindern entweder einen Raum streichen oder einen alten Tisch abschleifen und neugestalten. Meine Kollegin und ich sind uns noch nicht ganz einig. Aber wir wollen die Erneuerung des Pfingstfestes für die Kinder greifbar machen.
Erzähl doch bitte einmal, wie ihr den Alltag gemeinsam gestalten?
Wir haben bei uns im Hort die „Teepause“ eingeführt. Jeden Nachmittag gibt es für die Kinder ein kleines, gesundes Angebot – von frischem Brot über Müsli bis zu Kuchen am Freitag. Alles aus biologischen Zutaten, die wir von einem Biohof aus der Nähe beziehen. Die Eltern beteiligen sich mit sechs Euro im Monat. Für uns ist das ein Beitrag zu gesunder Ernährung und ein festes Ritual im Alltag – und gleichzeitig ein Gemeinschaftsprojekt. Donnerstag wird Brot gebacken, Freitag Kuchen – da sind die Kinder immer mit Feuereifer dabei.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit der Schule?
Als ich 2020 anfing, war das Verhältnis von Schule und Hort nicht ganz einfach. Das haben wir Stück für Stück verändert. Heute arbeiten wir eng mit dem Schul-Team zusammen, haben wöchentliche Absprachen, gemeinsame Dienstberatungen, kooperative Fest- und Projektplanung. Zwei Kolleginnen arbeiten wieder als Unterrichtsbegleiterinnen.
Was ist dir im Team wichtig?
Verlässlichkeit, Offenheit, gewaltfreie Kommunikation, gegenseitige Unterstützung. Dafür haben wir klare Strukturen, regelmäßige Übergabezeiten, Zeit für Einzelgespräche, Teamrunden. Und auch Menschlichkeit gehört dazu: Wenn jemand Kinder zu betreuen hat oder einen Zahnarzttermin, finden wir gemeinsam eine Lösung.
Eine Besonderheit ist die jährliche Hortfahrt. Was hat es damit auf sich?
In der ersten Sommerferienwoche fahren wir vier Tage mit einer kleinen Kindergruppe weg – 21 Kinder, zwei Kolleginnen. Das gibt es bei uns seit rund 15 Jahren. Wir waren schon im Steinzeitcamp, in der Nossentiner Heide und fahren dieses Jahr nach Waren an der Müritz. Auch Viertklässler dürfen mitfahren, selbst wenn sie keinen regulären Hortplatz mehr haben. Das ist für viele Kinder ein echtes Highlight.
Was würdest du dir für deine Arbeit wünschen?
Mehr Handlungsspielraum und schnellere Prozesse bei Investitionen. Im Schulbereich geht vieles unkomplizierter, im Hort muss ich jede Ausgabe über 1.000 Euro beantragen, Angebote einholen, Wochen auf Antworten warten. Das frustriert manchmal, vor allem, wenn man für die Kinder etwas bewegen will. Ich wünsche mir, dass die rechtliche Trennung zwischen Schule und Hort nicht mehr so spürbar ist – wir arbeiten längst Hand in Hand, aber die Strukturen bremsen oft.
Wie steht es um die Digitalisierung bei euch?
Ich habe „Hort Pro“ beantragt, eine Software für pädagogische Dokumentation, die wir mit Tablets nutzen können. Das würde vieles erleichtern. Gleichzeitig bin ich kein Fan von übermäßiger Digitalisierung im Kinderbereich. Ich habe bewusst keine digitale Tafel im Gruppenraum – Kinder brauchen Spiel, Bewegung, Begegnung. Letztes Jahr hatten wir zum Beispiel eine Brettspiel-AG mit Eltern als Anbieter – das war ein voller Erfolg.